Kausale Maklerleistung: Der Vertragsinhalt entscheidet

BGH, Urteil vom 06.02.2014, III ZR 131/13

von Life and Law am 01.06.2014

+++ Nachweismakler +++ Kongruenz zwischen abgeschlossenem und nachgewiesenem Kaufvertrag +++ Erhebliche Preisnachlässe +++ § 652 I S. 1 BGB +++

Sachverhalt (abgewandelt und vereinfacht): Maklerin M hatte in ihrem Bestand eine Gewerbeimmobilie zum Verkauf.

Sie fragte bei X unter Hinweis auf eine Provisionspflicht an, ob dieser Interesse an der Benennung einer Gewerbeimmobilie habe. Nachdem X dies bejahte, benannte M im Dezember 2010 dem X die Immobilie des Verkäufers zu einem Kaufpreis in Höhe von 1,1 Mio. €. In den gleichzeitig übersandten Vertragsbedingungen hieß es u.a.:

„Der Provisionsanspruch entsteht auch dann, wenn der Vertrag zu Bedingungen abgeschlossen wird, die vom Angebot abweichen, oder wenn und soweit im zeitlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit einem ersten Vertrag vertragliche Erweiterungen, Ergänzungen zustande kommen bzw. ein gleiches oder ähnliches Geschäft abgeschlossen wird."

Im Juli 2011 kaufte X die Immobilie zu einem Preis in Höhe von 525.000,- €. Sodann verlangte M von X die Zahlung der Courtage.

X ist der Auffassung, nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein, weil eine wirtschaftliche Gleichwertigkeit der Maklerleistung zum tatsächlich abgeschlossenen Vertrag nicht bestehe.

Ist X zur Zahlung der Maklerprovision verpflichtet?

A) Sounds

1. Nach § 652 I S. 1 BGB steht dem Makler eine Vergütung nur zu, wenn der beabsichtigte Vertrag tatsächlich zustande kommt.

2. Führt die Tätigkeit des Maklers zum Abschluss eines Vertrags mit anderem Inhalt, so entsteht kein Anspruch auf Maklerlohn.

3. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt aber dann in Betracht, wenn der Kunde mit dem tatsächlich abgeschlossenen Vertrag wirtschaftlich denselben Erfolg erzielt.

B) Problemaufriss

Die Entscheidung befasst sich mit den Voraussetzungen des Anspruchs aus § 652 I S. 1 BGB auf Zahlung der Maklerprovision.

Die Kernfrage ist die, ob der Makler die Provision auch dann verlangen kann, wenn der abgeschlossene Vertrag von dem angebotenen Vertrag inhaltlich extrem abweist. Problematisch ist, ob der Vertragsschluss dann noch auf die Maklerleistung zurückzuführen ist.

§ 652 I S. 1 BGB verlangt nämlich nicht nur, dass ein Vertrag als Erfolg geschlossen wurde, sondern dass der abgeschlossene Vertrag inhaltlich mit dem angebotenen Vertrag kongruent ist.

C) Lösung

X ist dann zur Zahlung der Provision verpflichtet, wenn die Voraussetzungen des § 652 I S. 1 BGB gegeben sind.

I. Anspruch aus § 652 I S. 1 BGB

Anspruch aus § 652 I S. 1 BGB

1. Vertragsschluss

2. Nachweis- bzw. Vermittlungstätigkeit

3. wirksamer Abschluss des nachgewiesenen bzw. vermittelten Vertrags

4. Kausalität der Maklerleistung für den Vertragsschluss („infolge")

5. inhaltliche Kongruenz

Zwischen den Parteien besteht ein Maklervertrag. M hatte X gegenüber den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung eines Vertrags angeboten.

Dieses Angebot wurde von X auch angenommen. Vom Abschluss eines Maklervertrags ist daher auszugehen.

1. Vertragsschluss

Anmerkung: Nicht selten bestehen bei diesem Prüfungspunkt erhebliche Probleme.

Häufig ist nämlich nicht klar, mit wem der Makler den Vertrag überhaupt geschlossen hat. Dies ist stets dann problematisch, wenn es keine ausdrücklichen Vereinbarungen zwischen den Beteiligten gibt, sodass sich der Makler später auf einen konkludenten Vertragsschluss beruft. Dabei ist grundsätzlich maßgeblich, ob der Makler ein Objekt inseriert oder ob ein Interessent auf den Makler zugeht.

Geht der Interessent mit einem Begehren auf den Makler zu, kann er nicht ernsthaft davon ausgehen, dass der Makler kostenlos tätig werden wird.

Inseriert demgegenüber der Makler ein Objekt, darf ein Interessent grundsätzlich davon ausgehen, dass ein Maklervertrag bereits zwischen Anbieter und Makler abgeschlossen wurde. Er darf dann grundsätzlich darauf vertrauen, den Makler nicht zahlen zu müssen. Etwas anderes gilt, wenn in dem Inserat auf die Zahlungsverpflichtung hingewiesen wird.

Unabhängig davon kommt es nicht selten vor, dass im notariellen Kaufvertrag eine sog. Bezugsklausel eingebaut wird, nach der der Käufer verpflichtet ist, die Provision an den Makler zu zahlen. Insoweit ist der Kaufvertrag dann ein Vertrag zu Gunsten Dritter, nämlich zu Gunsten des Maklers, welcher dann ein eigenes Forderungsrecht gegen den Käufer hat, auch wenn es einen Maklervertrag nicht gibt.1

2. Nachweisleistung

Laut Sachverhalt hat M auch die Gelegenheit zum Abschluss eines Vertrags nachgewiesen. Für diese Voraussetzung ist noch unschädlich, dass der abgeschlossene Vertrag ggf. einen stark abweichenden Inhalt aufweist.

3. Wirksamer Hauptvertrag und Kausalität

Laut Sachverhalt hat X das nachgewiesene Objekt auch erworben. Auch ist davon auszugehen, dass die Nachweisleistung des Maklers kausal für den Vertragsschluss geworden ist.

Anmerkung: Dies wäre etwa dann anders, wenn dem späteren Käufer das angebotene Objekt bereits in dem Moment bekannt war, in dem der Makler eingeschaltet wird. Der Makler wird erfolgsabhängig vergütet. Das setzt voraus, dass der Erfolg eintritt und auf die Maklerleistung zurückzuführen ist.

4. Problem: inhaltliche Kongruenz

Nach § 652 I S. 1 BGB steht dem Makler eine Vergütung nur zu, wenn der beabsichtigte Vertrag tatsächlich zustande kommt. Führt die Tätigkeit des Maklers zum Abschluss eines Vertrags mit anderem Inhalt, so entsteht kein Anspruch auf Maklerlohn.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kommt aber dann in Betracht, wenn der Kunde mit dem tatsächlich abgeschlossenen Vertrag wirtschaftlich denselben Erfolg erzielt. Dabei sind stets die Besonderheiten des Einzelfalls maßgebend. Ob sie vorliegen, ist in erster Linie eine Frage tatrichterlicher Beurteilung.

a) e.A. bei fehlender Kongruenz Treuwidrigkeit, wenn konkretes Objekt erworben wird

Nach einer Ansicht erziele der Kunde stets den gewünschten wirtschaftlichen Erfolg, wenn nur das in Aussicht gestellte Objekt erworben werde, wenn auch zu einem anderen Preis.2 Sich in einem solchen Fall auf die fehlende Kongruenz zu berufen, sei treuwidrig, weil man das bekommen habe, was man wollte, jedoch zu besseren Konditionen.

b) BGH: Umstände des Einzelfalls maßgeblich

Der BGH geht in ständiger Rechtsprechung von folgenden Grundsätzen aus:

Bei Grundstücksgeschäften kommt es häufig vor, dass Vertragsschließende ihre Vorstellungen nicht voll verwirklichen können, die sie bei Beginn der Vertragsverhandlungen und bei Beauftragung des Maklers gehabt haben; das erforderliche gegenseitige Nachgeben, um den Vertragsschluss herbeizuführen, kann sich dabei nicht nur auf die Höhe des Kaufpreises und die Nebenbestimmungen, sondern auch auf den Umfang der Sachleistung beziehen. Soweit sich Abweichungen im Rahmen dessen halten, womit der Maklerkunde bei der Beauftragung des Maklers gerechnet habe, können sie den Makleranspruch nicht ausschließen.3

So kann eine Abweichung in Höhe von 15 % noch nicht dergestalt überraschen, dass die Kongruenz fehlt.4

Auch höhere prozentuale Abweichungen sind akzeptabel jedenfalls dann, wenn mit ihnen eine Änderung der Sachleistung einhergeht oder wenn eine Verringerung des Kaufpreises auf der Übernahme von offenen Darlehensverbindlichkeiten basiert.5

Entscheidend ist danach, ob sich unter Würdigung aller besonderen Umstände der abgeschlossene Vertrag als ein wirtschaftlich anderer darstellt, als der nach dem Maklervertrag nachzuweisende.

Dabei ist bei für den Maklerkunden günstigen Preisabweichungen besonders in den Blick zu nehmen, ob diese sich noch in einem erwartbaren Rahmen bewegen, oder ob letztlich die abweichende Preisgestaltung auf Umständen beruht, die die wirtschaftliche Identität des nachgewiesenen zum abgeschlossenen Geschäft in Frage stellen. Dabei ist kein allzu strenger Maßstab anzusetzen, weil sich gerade bei über eine längere Zeit angebotenen Objekten der Kaufpreis nach unten bewegt.

Gemessen daran ist eine Abweichung von 15 % nach unten i.d.R. unproblematisch; bei einer Abweichung von ca. 50 % kann letztlich nicht mehr von Kongruenz ausgegangen werden.

c) Rechtsfolge: grds. keine Treuwidrigkeit bei Berufen auf fehlende Kongruenz

Fraglich ist, welche Konsequenzen sich aus der fehlenden Kongruenz ergeben.

Entgegen der Ansicht einer Mindermeinung stellt es nicht generell einen Fall treuwidrigen Verhaltens dar, wenn der Kunde sich auf die fehlende Kongruenz beruft. Er macht nämlich lediglich geltend, dass die für einen gegen ihn gerichteten Anspruch erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorliegen. Soweit keine besonderen Umstände hinzutreten, darf sich der Maklerkunde daher auf die fehlende Kongruenz berufen.

d) Abweichende Regelung im Vertrag maßgeblich?

Etwas anderes könnte sich aber daraus ergeben, dass im Maklervertrag eine Regelung enthalten ist, wonach die Maklerprovision auch dann verlangt werden kann, wenn der Vertrag mit anderem Inhalt zustande kommt, als dem ursprünglichen Nachweisangebot.

Fraglich ist, ob diese Regelung wirksam ist. Da es sich um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, ist zu prüfen, ob die Klausel einer Überprüfung anhand des § 307 BGB standhält.

Gem. § 310 I S. 1 BGB finden die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 II BGB gegenüber einem Unternehmer i.S.d. § 14 I BGB keine Anwendung, sodass sich die Einbeziehung im vorliegenden Fall nach den §§ 145 ff. BGB richtet. Da M die Bedingungen mit dem Vertragstext übersandt hatte, und von X der Vertrag insgesamt akzeptiert wurde, ist die Klausel zum Vertragsinhalt geworden.

Da gem. § 310 I S. 1 BGB die §§ 308, 309 BGB keine Anwendung finden, hat eine Inhaltskontrolle allein anhand von § 307 BGB stattzufinden.

Danach dürfte die Klausel nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders führen. Eine unangemessene Benachteiligung liegt gem. § 307 II Nr. 1 BGB jedoch vor, wenn die Regelung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht vereinbar ist.

Ein tragender Grundsatz des Maklerrechts besteht darin, dass ein Makler nur dann einen Provisionsanspruch geltend machen können soll, wenn sich seine Maklerleistung in dem Vertrag widerspiegelt, welchen er nachgewiesen bzw. vermittelt hat. Das Wesen des Maklervertrags ist insoweit die Erfolgsbezogenheit.

Wird auf die Kongruenz zwischen Maklerleistung einerseits und tatsächlich geschlossenem Vertrag andererseits verzichtet, wie es bei Wirksamkeit der Klausel der Fall wäre, verliert der Vertrag insoweit seinen Charakter als erfolgsbezogener Vertrag. Der Makler müsste sich letztlich um die konkrete Ausgestaltung des Vertrags gar nicht bemühen, weil allein der Vertragsschluss zwischen Kunde und Drittem unabhängig vom Vertragsschluss selbst zu einer Vergütungspflicht führen würde.

Dies ist mit den Grundprinzipien der gesetzlichen Regelung unvereinbar, sodass von der Unwirksamkeit der Klausel auszugehen ist.

Aufgrund der Unwirksamkeit der Klausel ändert sich an dem gefundenen Ergebnis der fehlenden Kongruenz nichts.

II. Endergebnis

M hat gegen X keinen Anspruch auf Zahlung einer Maklerprovision gem. § 652 I S. 1 BGB.

D) Kommentar

(cda). Die Argumentation des BGH ist überzeugend. Der BGH stellt die Bedeutung der Kongruenzvoraussetzung für den Provisionsanspruch deutlich heraus und betont damit die Erfolgsabhängigkeit der Vergütung des Maklers.

Insoweit wäre es letztlich widersprüchlich gewesen, die AGB als wirksam anzusehen. Denn wenn eine wesentliche Voraussetzung des Provisionsanspruchs einfach abdingbar wäre, käme dies einer Einwirkung auf den Charakter des Maklervertrags gleich.

Faktisch würde aus dem Vertrag ein Vertrag mit dienstrechtlichen Elementen, wenn der Erfolg „nur noch" der Abschluss irgendeines Vertrags zwischen den Beteiligten wäre.

E) Zur Vertiefung

  • Zum Maklervertrag

Hemmer/Wüst, Schuldrecht BT II, Rn. 283 ff.

F) Wiederholungsfragen

1. Worin besteht ein wesentlicher Unterschied zwischen Makler- und Werkvertrag?

2. Welche Bedeutung hat das Erfordernis der Kongruenz zwischen dem nachgewiesenen Vertrag und dem tatsächlich abgeschlossenen Vertrag?


  1. Letztlich gibt es hier eine sehr unübersichtliche Fülle von Entscheidungen. Für Sie ist in der Klausur wichtig, die Grundsätze zu beherrschen. Letztlich geht es um Fragen des BGB-AT bei der Auslegung von (konkludenten) Erklärungen.

  2. OLG Hamm als Vorinstanz; Urteil vom 13.03.2013; AZ I-18 I 133/12. Der BGH stellt dazu nur lapidar fest, dass das OLG Hamm von der Rechtsprechung des BGH abweiche, man (d.h. der BGH) aber keinen Anlass sehe, von der bisherigen Rechtsprechung abzuweichen.

  3. BGH, NJW 1987, 1628

  4. BGH, NJW 2008, 651

  5. BGH, NJW 1998, 2277 f.